Ausbildungswege NRW - Wunschberuf statt Notlösung
Landesprogramm Ausbildungswege NRW, gefördert aus Mitteln der Europäischen Union und des Landes Nordrhein-Westfalen
Ausbildungsinteressierte, aber noch unversorgte junge Menschen werden mit dem EU-geförderten Programm „Ausbildungswege NRW“ dabei unterstützt, eine verbindliche Ausbildungsperspektive oder auch einen Ausbildungsplatz zu finden. Zentraler Erfolgsfaktor ist das begleitende Coaching. Wie das gelingt, zeigt das Beispiel der angehenden Köchin Nicole Wittmann und ihres Ausbildungsbetriebs in Warburg-Germete.
Coaches helfen, damit der Start in den neuen Lebensabschnitt gut gelingt
Viele junge Menschen sind unschlüssig, welchen Beruf sie erlernen sollen. Nicht so Nicole Wittmann. Sie wusste aufgrund ihrer positiven Erfahrungen im schulischen Hauswirtschaftsunterricht schon früh, was sie einmal werden will: Köchin! Doch nach dem Erwerb der Fachoberschulreife und dem vorzeitig abgebrochenen Versuch, das Abitur zu machen, gab sie dem Drängen ihrer Eltern nach, die ganz andere Vorstellungen von der beruflichen Zukunft ihrer Tochter hatten: „Sie wollten unbedingt, dass ich ins Büro gehe. Das, meinten sie, biete eine größere Arbeitsplatzsicherheit und bessere Arbeitsbedingungen als die einer Köchin.“
Allein den Eltern zuliebe, erzählt sie, habe sie ein längeres Praktikum in einem Steuerbüro mit der Option einer anschließenden Ausbildung begonnen. Doch nach vier Monaten warf sie alles hin: „Die Büroarbeit war einfach nichts für mich. Den ganzen Tag vor einem PC sitzen und mich nicht bewegen können, das ist nicht meine Welt und auch die Arbeitsinhalte interessierten mich nicht. Ich war einfach am falschen Platz und habe mich verloren gefühlt. Ich wusste plötzlich genau, dass ich die anschließende Ausbildung nie durchhalten würde.“
Ohne Berufsabschluss aber wollte sie auf keinen Fall sein. Also suchte sie Rat bei der Agentur für Arbeit. Dort bemühte man sich intensiv, für sie einen Ausbildungsplatz als Köchin zu finden – vergeblich! Doch die Zeit drängte, das Ausbildungsjahr würde bald beginnen. Zu ihrem Glück kannte der bei der Agentur für sie zuständige Berater die Lösung für ihr Problem: das Programm Ausbildungswege NRW.
Bei dem Angebot unterstützen Coaches junge Menschen je nach Bedarf bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz oder nach einer anderen Anschlussperspektive. Die Coaches helfen, damit der Start in den neuen Lebensabschnitt gut gelingt. Zugleich erhalten Unternehmen Unterstützung bei der Besetzung ihrer unbesetzten Ausbildungsstellen. Genau das richtige Angebot also für Nicole Wittmann, so der Berater, der sie an die KH Lernwerk X gGmbH verwies, eine Tochtergesellschaft der Kreishandwerkerschaft Höxter-Warburg, die als Bildungsträger am Programm Ausbildungswege NRW beteiligt ist.
Intensive Gespräche
Hier, bei Lernwerk X, war Sabine Dietrich für Nicole Wittmann zuständig. Die erfahrene Coachin führte zunächst ausführliche Gespräche mit der Jugendlichen, die immer noch innerlich zerrissen war zwischen den eigenen Berufsvorstellungen und den davon krass abweichenden ihrer Eltern. Sabine Dietrich: „Nicole hatte zu dem Zeitpunkt ein eher geringes Selbstwertgefühl, zumal sie noch immer der Schulabbruch vor dem Abitur belastete. Außerdem machten ihr die Konflikte mit den Eltern, mit denen sie sich ansonsten bestens versteht, schwer zu schaffen. Hier ging es zunächst darum, ihr Selbstbewusstsein zu stärken.“
Im intensiven Dialog machte sie der Jugendlichen klar: „Du hast Fähigkeiten, die andere nicht haben, und die kannst Du fördern und ausbauen. Gerade weil Dein Berufswunsch so gut begründet ist, wirst Du erfolgreich sein.“
Genauso erfolgreich waren die Gespräche, von denen Nicole Wittmann noch heute begeistert ist: „Frau Dietrich ist immer auch auf meine Gefühle eingegangen. Das habe ich damals wirklich gebraucht, weil ich nicht mehr wusste, wie ich gegen die Vorstellungen meiner Eltern ankommen kann. In dieser schwierigen Situation hat mir Frau Dietrich sehr geholfen, sie war immer für mich da.“
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Gelungener Einstieg
Parallel dazu optimierte die Coachin zusammen mit der Jugendlichen deren Lebenslauf und weitere Bewerbungsunterlagen. Zugleich recherchierten sie nach Praktikumsplätzen im gewünschten Metier. Tatsächlich sagten zwei Betriebe zu. Doch der eine bemängelte schon nach einem Tag „die fehlende Leidenschaft der Praktikantin für den Beruf“ und der andere beendete das Praktikum, als sie sich an einem Morgen krankmelden musste. Die Coachin: „Zwei völlig inakzeptable Entscheidungen mit teils absurder Begründung.“
Von den Fehlschlägen ließ sich die Coachin nicht beirren. Zugute kamen ihr jetzt ihre engen Kontakte zu vielen Betrieben: „Ich bin auf allen regionalen Ausbildungsmessen in den Kreisen Höxter und Paderborn unterwegs und nehme an allen Schulhofaktionen der Betriebe teil. So bin ich jederzeit über das Ausbildungsgeschehen informiert und knüpfe gleichzeitig Kontakte zu Firmenchefs und Ausbildungspersonal.“
Das sollte sich auch in diesem Fall auszahlen, denn so fiel ihr das Restaurant „Deele“ in Warburg-Germete ein, „ein Restaurant mit ausgezeichnetem Ruf, riesiger Stammkundschaft und entsprechend hohem Personalbedarf.“ Sofort fuhr sie hin und fragte Geschäftsführerin Nelleke ten Hoopen, ob der Betrieb Nicole Wittmann einen Praktikums- und später einen Ausbildungsplatz bieten könnten. Die Geschäftsführerin sagte spontan zu und verschaffte sich im Praktikum ein eigenes Bild von der Eignung der Jugendlichen. Nelleke ten Hoopen: „Gleich der erste Eindruck war sehr positiv, weil ich sofort gemerkt habe: Sie will wirklich etwas lernen und sie hat Talent und Geschick für die konkreten Tätigkeiten. Aufgrund meiner langjährigen Personalerfahrungen kann ich schon behaupten, über Menschenkenntnis zu verfügen und deshalb ist es mir bei Nicole Wittmann sehr leichtgefallen, ihr einen Ausbildungsplatz zu geben.“
Zukünftige Fachkraft
Über all die Ereignisse waren Wochen vergangen. Längst hatte das Ausbildungsjahr 2023 und damit der Unterricht an der Berufsschule begonnen. Nicht zuletzt deshalb fiel die Entscheidung für eine trägergestützte betriebliche Ausbildung, ein besonderes Element im Programm Ausbildungswege NRW. Konkret bedeutet es, dass der Bildungsträger Auszubildende und Ausbildungsbetrieb in den ersten elf Monaten der Ausbildung noch begleitet. Dazu gehört bei Bedarf auch Stütz- und Förderunterricht für die Auszubildenden. Der Ausbildungsbetrieb erhält für den Zeitraum einen Zuschuss zur Ausbildungsvergütung.
Im Fall von Nicole Wittmann, sollte sich herausstellen, war diese Form der Begleitung hilfreich, um sie nach den mehrfachen Erfahrungen des Scheiterns mit Stützangeboten zu stabilisieren und zu befähigen, ihren Weg zu gehen. Und das hat sich mittlerweile bewährt, denn, so die Auszubildende heute: „In der Berufsschule steh ich mündlich in fast allen Fächern 1. Nur am Schriftlichen muss ich noch ein bisschen feilen.“
Auch mit ihren praktischen Leistungen im Betrieb ist Geschäftsführerin Nelleke ten Hoopen hochzufrieden: „Der positive Ersteindruck hat sich voll bestätigt. Nicole Wittmann verfügt über eine schnelle Auffassungsgabe und erweist sich auch bei vollem Restaurant und höchstem Arbeitsaufwand als absolut stressbeständig. Ich habe meine damalige Entscheidung bis heute nicht einen Augenblick bereut.“
Mindestens genauso zufrieden ist die Auszubildende, die angehende Köchin selbst: „Ich mach unsere Kundschaft satt und glücklich und das zu erleben ist das Schönste an meinem Beruf.“ Die guten Erfahrungen der letzten Zeit haben sie ermutigt. „Irgendwann später“, sagt sie zuversichtlich, „will ich meine Prüfung zur Meisterin machen!“ Schon heute ist für ihre Chefin Nelleke ten Hoopen klar, dass sie Nicole Wittmann nach ihrer Ausbildung fest übernehmen will. Die Entscheidung der Geschäftsführerin wie auch die langfristigen Pläne der Auszubildenden zeigen: Das Programm Ausbildungswege NRW und die Fachkräfteoffensive NRW stehen in direktem Zusammenhang.
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